Liebe Leser:innen,
ich mache eine LinkedIn-Pause, erzählt mir kürzlich ein Bekannter. Und er war nicht der Einzige. Einen Beipackzettel für LinkedIn gibt es nicht. Ich ziehe nun ebenfalls meine Konsequenzen, um dem Zeitfresser LinkedIn zu entgehen.
Niemand klärt uns über die mächtige Wirkung und die Nebenwirkungen von LinkedIn auf. Stoppschilder oder Gegenanzeigen gibt es in diesem Netzwerk nicht. Zudem werden wir nicht genügend über die Anwendungsgebiete aufgeklärt.
Vor einigen Tagen erzählte mir mein Gesprächspartner, wie süchtig ihn LinkedIn mache. Er sei jeden Tag stundenlang auf LinkedIn, verschwende dort seine Zeit und hätte einen regelrechten Kontrollverlust erlebt. Deshalb verzichtet er für einige Wochen komplett auf unser Businessnetzwerk. Zumindest ist es sein Plan.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Irgendwie musste ich im Videotalk darüber lächeln, weil ich mich selbst erwischt fühlte. Wenn ich ohne Strategie und Plan LinkedIn aufrufe, verliere ich selbst schnell die Kontrolle und die Zeit aus dem Blick. Termine und Deadlines führen mich jedoch in den Arbeitsalltag zurück.
Nennen wir es 𝗟𝗶𝗻𝗸𝗲𝗱𝗜𝗻 𝗣𝗿𝗼𝗸𝗿𝗮𝘀𝘁𝗶𝗻𝗮𝘁𝗶𝗼𝗻 und betrachten diese als eine ernstzunehmende Arbeitsstörung. Schließlich lassen sich via LinkedIn viele Arbeiten aufschieben. Prokrastinieren ist keine Mode, sondern ein pathologisches Problem.
LinkedIn kann eine unterhaltsame Zeitverschwendung sein. Ahnt Ihr Arbeitgeber bereits, wie viel Zeit auf LinkedIn hierzulande täglich in seinem Unternehmen vernichtet wird? Das wäre eine spannende Studie.
Aber natürlich können Sie LinkedIn auch ganz anders und bewusster nutzen und dadurch von dieser Plattform wirklich profitieren. Corporate Influencer wissen das oftmals und sind darauf vorbereitet. In Schulungen und Trainings lernen sie den für sie richtigen Umgang mit LinkedIn.
Ihr Klaus Eck
Ich freue mich, wenn Sie den Eck Newsletter weiterempfehlen oder mir Feedback geben. Folgen Sie mir gerne auf Twitter oder LinkedIn.
Meine LinkedIn-Tipps für die Nutzung während der Arbeitszeit
1️⃣ Klare Ziele verfolgen: Gehen Sie immer mit einem konkreten Vorhaben auf LinkedIn, um sich nicht treiben zu lassen.
2️⃣ Zeitmanagement: Setzen Sie ein konkretes Zeitbudget für das Scrolling auf LinkedIn fest und halten Sie sich daran, ansonsten verlieren Sie sich sehr schnell im Newsfeed, in dem es immer Spannendes zu entdecken gibt.
3️⃣ Recherchieren Sie gezielt auf LinkedIn zu Ihren Interessen. Dafür eignen sich Hashtags sehr gut.
4️⃣ Content-Strategie: Legen Sie eine Posting-Frequenz fest und definieren Sie dafür klare Zeiträume.
5️⃣ Zeitfenster für das Engagement auf LinkedIn sind wichtig. Das Kommentieren und Management von Kontaktanfragen sollten Sie ernst nehmen.
6️⃣ Wenn Sie ein Posting veröffentlicht haben, sollten Sie anschließend für das Kommentar-Management Zeit einplanen.
Social Media Personalmarketing Studie
Auf Social Media wollen viele nicht direkt von Unternehmen angesprochen werden. Bei Studierenden begrüßen nur 45 % eine persönliche Ansprache. Außerdem gefallen ihnen die Arbeitgeber-Postings nicht.
Zu diesem Ergebnis ist die Social Media Personalmarketing Studie 2021/22 gekommen.
Kritisch bewertet das der Persoblogger Stefan Scheller in seinem Blog:
"Aus meiner Sicht hängt das auch damit zusammen, dass Active Sourcing in den letzten Jahren als eine Art „Allheilmittel“ angepriesen wurde und zudem Tools und Dienstleister die Ansprache deutlich erleichtert haben.
Dass es sich hierbei trotzdem um eine hochprofessionelle – vor allem aber hochgradig individuelle – Ansprache handeln muss, ging dabei häufig verloren. Vermutlich wird sich dieser Trend weiter fortsetzen mit unabsehbaren Folgen für alle Beteiligten."
Auf LinkedIn und Xing ist die Akzeptanz einer Ansprache über Recruiter sehr viel höher als auf den eher privat genutzten Plattformen Instagram und Facebook. Bei TikTok und Twitter wird es ähnlich sein.
Dennoch mögen viele die Ansprache auf Jobs vielleicht auch deshalb nicht, weil die Art und Weise ihnen nicht gefällt. Wer etwa als Highpotential in der IT-Branche arbeitet, erhält ständig irgendwelche Jobanfragen. Kein Wunder also, wenn es diejenigen nervt, die nicht unbedingt wechselwillig sind.
Sehr viel eleganter kann die Ansprache über Corporate Influencer erfolgen, die über ihre persönlichen und fachlichen LinkedIn-Postings Nähe zu potenziellen Jobkandidat:innen herstellen und sich mit ihnen vernetzen können. Das ist bei weitem nicht so aggressiv wie eine Direktansprache.
Die Qualität der persönlichen Postings kompetenter Expert:innen ist oftmals höher als die Qualität der Social Media Postings ihrer Arbeitgeber. Vor allem Studierende haben in der Studie die Qualität des Job- und Karriere-Contents bemängelt.
Statt einfach nur auf die Jobanzeige ihres Arbeitgebers zu verlinken, lohnt es sich für Beschäftigte, die das Recruiting unterstützen wollen, sich selbst persönlich auf LinkedIn um neue Mitarbeiter:innen zu bemühen.
Dazu ist es hilfreich, sich und das eigene Team vorzustellen. Dieses Pre-Onboarding könnte das Active Sourcing selbst attraktiver machen.
Ich bin ein Arbeiterkind
Unternehmen setzen auf Diversity. Viele konzentrieren sich auf Frauen, GenZ oder Age Diversity und übersehen die Arbeiterkinder. Wo kommst du denn her, fragt die Wirtschaftszeitschrift brand eins in der Titelgeschichte (10/22).
Das gesamte akademische Milieu ist auf LinkedIn bestens präsent. Es lässt sich leicht in den Postings am Habitus, Sprache und Haltung erkennen. Vielen aufstiegsorientierten Menschen ist gar nicht klar, dass sie ein Arbeiterkind sind.
Die soziale Herkunft sollte keine große Rolle in unserer Gesellschaft und in Unternehmen spielen. Das tut sie jedoch. Selbst wenn wir das ignorieren.
👉 „Alle sind gleich, aber manche sind gleicher.“ - So heißt es schon in der "Farm der Tiere" von George Orwell.
Die Charta der Vielfalt e.V. nannte die soziale Herkunft im Jahr 2021 zu einem wünschenswerten Teil von Vielfalt. Bei einer Befragung von Führungskräften fand der Verein heraus, dass "63 Prozent von ihnen Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft in der Arbeitswelt bereits beobachtet oder selbst erfahren haben."
Soziale Herkunft lässt sich nicht einfach einordnen. Damit wird das gesellschaftliche Milieu beschrieben, in das wir hineingeboren worden sind. Dabei ist es durchaus von Bedeutung, wie viel Geld die Eltern haben und über welche Netzwerke sie ihre Kinder einführen. Wir lernen darüber unsere Sprache kennen, erhalten einen Zugang zu Literatur, Kunst und Medien.
👉 All das prägt uns und wirkt sich auf unsere Rolle in der Gesellschaft aus.
Als Arbeiterkind bin ich in meiner Jugend wie im Studium häufig an meine persönlichen Grenzen gestoßen. Geld war nie selbstverständlich. Deshalb habe ich sowohl in der Schulzeit wie im Studium "nebenbei" gearbeitet. Meine Eltern lesen keine Bücher, haben als Kriegsgeneration keine höhere Bildung genossen.
Im Studium habe ich mich des Öfteren über Akademikerkinder gewundert, die die Revolution ausriefen und die Welt verändern wollten. Von 100 Kindern aus Akademikerfamilien studieren 79. Bei Nichtakademikern sind es nur 27.
Wie wertvoll das Networking ist, habe ich frühzeitig erfahren. In meinem familiären Umfeld gab es keine Unterstützung und hilfreichen Kontakte für mich, die mir in meiner Karriere geholfen hätten.
👉 Wie wichtig das Bewusstsein für diese Hürden ist und welche Chancen für die Unternehmen besteht, das zeigt die SAP, in der die Herkunft ein wichtiger Teil der Diversity ist. Cawa Younosi und Nina Strassner setzen sich engagiert dafür ein.
LinkedIn bietet uns großartige Chancen, diese Hürden abzubauen und uns zu vernetzen. Wenn wir sie wirklich nutzen.
Events auf LinkedIn
25.11.22: CONNECT KnowledgeJam - Mastodon - New Kid on the Block? Event von Cogneon Akademie: 08:30 bis 16:00
Good News
Untertitel in Videos ohne Arbeit geht auf LinkedIn nicht. Dazu gibt es einige Tipps bei Christian Spanik. Ein Tool-Tipp heißt dabei Happy Scribe.
Spannende LinkedIn Audio Events in dieser Woche, stellt Holger Kahnt vor.