Liebe Leser:innen,
derzeit befinden wir uns noch immer im rasenden Stillstand. Wir können uns physisch nur unter Coronabedingungen von Stadt zu Stadt bewegen, bleiben eher den ganzen Tag über im Homeoffice und sitzen in der immer gleichen Position vor unserem Rechner. Dort wartet die Kamera und das Mikrofon auf uns.
Auf diese Stilllegung wies Paul Virilio bereits 1980 hin und meinte damit vor allem TV-Gewohnheiten, die uns den weltweiten Kriegen als Zuschauer beiwohnen ließen, ohne direkt beteiligt zu sein. Wir tauschten mit dem Senderwechsel jeweils die Szenarien aus.
Im Internetzeitalter verhält es sich heute kaum anders. Statt auf eine Geschäftsreise zu gehen, einen Vortrag oder Workshop in einer anderen Stadt zu halten, bleibe ich in der Coronazeit in München und wechsle am selben Tag via Zoom oder Teams den Event-Ort. Wir sind alle derzeit rasend schnell unterwegs, meint der Soziologe Hartmut Rosa in der Taz, ohne uns physikalisch fortzubewegen.
Dabei erleben wir gleichzeitig eine enorme Entschleunigung und eine Verdichtung unserer Arbeitszeit, weil wir ohne die üblichen sozialen Ablenkungen, die uns gut tun, sehr direkt unsere Aufgaben erfüllen können.
Anfangs hatte ich in der Coronakrise kaum Lücken in meinen zeitlichen Planungen, war eng durchgetaktet und bin von einer Videokonferenz in die nächste getaumelt. Doch inzwischen habe ich es gelernt, Pausen und Freiräume einzuplanen.
Auf einer Bahnreise hatte ich früher viele Ablenkungen um mich herum, musste meine Reisen jeweils geregelt bekommen. Das war etwas ganz Selbstverständliches für mich. Doch in den vergangenen Monaten musste ich es bewusst lernen, den Kopf wieder aktiv freizukommen, um die Freiheiten der Serendipity zu genießen. Es lohnt sich.
Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der Lektüre.
Ihr Klaus Eck
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Überall soziale Zombies
Wie wir sprechen und dabei verstanden werden, das unterscheidet sich stark voneinander. Jede Nachricht hat vier Seiten, analysierte der Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun in seinem Vier-Ohren-Modell.
Wenn wir etwas sagen, transportieren wir nicht nur eine schlichte Information, sondern offenbaren zudem, was wir von unserem Gegenüber halten und in welcher Beziehung wir zu demjenigen stehen.
In einem Spiegel-Interview erläutert der Kommunikationspsychologe, was sich durch die Coronazeiten für uns verändert hat. Wir haben informelle Begegnungen ein Stück weit verlernt und werden bald wieder trainieren müssen, in sozialen Situation aufeinander zuzugehen.
Derzeit fremdeln wir mit anderen Menschen, weil wir diesen aus dem Wege gehen. “Wir sind vielleicht noch nicht zu sozialen Zombies geworden, aber zu Bildschirmmenschen”, meint Schulz von Thun.
Die Pandemie hat uns die Spontanität genommen, alles direkt auszusprechen, was uns gerade so durch den Kopf geht. Im Spiegel-Interview gibt er den Tipp, wenn es in der Kommunikation schwierig wird, sollten wir am besten sagen, wie wir es gerade empfinden und unsere Unsicherheiten benennen. Das macht die Kommunikation leichter und kann als Eisbrecher für einen ungewohnten Smalltalk dienen.
Corporate Influencer Breakfast mit Hanna Drabon und Jan Saarmann
Mitte April waren im Corporate Influencer Breakfast die beiden Comspace-Mitarbeiter:innen Hanna Drabon und Jan Saarmann als Gäste dabei. Ich habe mit Ihnen über die Rolle aller Agenturmitarbeiter:innen als Corporate Influencer diskutiert.
Sie sind der Ansicht, dass jede:r Angestellte:r ein Corporate Influencer sein kann. Immerhin teilen diese freiwillig Inhalte, die auf die Unternehmensmarke einzahlen. Allerdings müsse die Geschäftsführung diesen Menschen viel Vertrauen schenken und sie ständig dazu motivieren in die digitale Öffentlichkeit zu gehen. Wer eine entsprechende Unternehmenskultur aufbaut, profitert von der Sichtbarkeit und Reichweite in Social Media.
Nina Mühlens hat das nachfolgende Video in ihrer Sketchnote dankenswerter Weise zusammengefasst.
Sich Zeit für die Vorbereitung nehmen
Wenn ich Vorträge halte oder Fachartikel verfasse, profitiere ich von meiner Erfahrung. Alles will gelernt sein und benötigt ein gewisses Training. Deshalb sollten LinkedIn-Newbies nicht sofort verzweifeln, wenn ihre ersten Postings noch nicht von Erfolg gekrönt sind.
Gute Beiträge erfordern viel Recherche und Übung im Schreiben. Jeder einzelne Artikel bringt uns ein wenig weiter. Die Buchautorin und Speakerin Anja Förster hat es auf den Punkt gebracht:
“Es gibt eine Faustformel, die besagt, dass du 50mal mehr Zeit brauchst, um einen Vortrag vorzubereiten, als es dauert, ihn zu halten. 10 Minuten Vortrag bedeuten also rund 8 Stunden Vorbereitung. Und das ist nur ein Durchschnittswert.”
Selbiges gilt auch für das Schreiben.
Content-Automatisierung schadet der Reputation
Es gibt zahlreiche Tools, die es ermöglichen, über eine Plattform viele Social Media Plattformen mit Inhalten zu versorgen. Doch das Social Media Marketing per Autopilot ist keine gute Idee. Das musste vor kurzem FedEx erleben.
Allerdings heißt es nicht, dass es nicht sinnvoll ist, das eigene Content Marketing strategisch zu planen und einzelne Inhalte vorzuproduzieren. Komplett automatisieren sollten Unternehmen ihre Postings dennoch nicht.
Während ein Wintersturm vor kurzem den Geschäftsbetrieb von FedEx in den USA stark beinträchtigte, teilt der Twitter-Account nach wie vor typische Wohlfühlinhalte, die so gar nicht dazu passten, dass das Unternehmen seiner primären Aufgabe, Pakete zu versenden, nicht nachkam. Viele Kunden warteten tagelang auf Pakete und Briefe, die aufgrund des Unwetters mit erheblicher Verspätung ausgeliefert worden sind.
Hätte sich FedEx dafür entschuldigt und um Verständnis für die Unwetterprobleme geworben, hätte das Unternehmen keinen Shitstorm erleben müssen, sondern wäre sogar für seine Bemühungen gelobt worden.
Good News
Die Diskurspartikel Äh und Ähm empfinden viele als störend. Dabei sind sie besser als ihr Ruf. Sie sagen nichs über unsere Kompetenzen und unsere Sicherheit aus. Ohne sie wäre die Menschheit dümmer. Die Füllwörter haben sogar wichtige Aufgaben in unserer Kommunikation, heißt es in ZEIT Wissen.
Worauf es beim Agendasetting in der Nachrichtenflut ankommt, darauf geht Gunnar Sohn in einem LinkedIn-Artikel näher ein.
Warum #allesdichtmachen Teil einer größeren Kampagne ist, die eine antidemokratische Agenda verfolgt, darüber berichtet der Tagesspiegel.
Zukunft der Arbeit: Was sich in der Berufswelt zum Besseren verändern sollte, dazu hat Andreas Weck in t3n einige Expert:innen befragt.
Community Management: Warum Menschen in einer Community Mitglied werden und bleiben, können Sie bei Vivian Pein nachlesen. Sie betrachtet die Psychologie des Community Managements.
Buch-Tipp: It’s now
Mehr Mut zur Veränderung in den Organisationen fordert die Ex-Siemens-Topmanagerin und Aufsichtsrätin Janina Kugel in ihrem Buch: “It’s now. Leben, führen, arbeiten – Wir kennen die Regeln, jetzt ändern wir sie”. Darin erläutert sie, wie Teams am erfolgreichsten zusammenarbeiten, was Leadership heißt und warum Diversität im Unternehmen so wichtig ist. Zudem gibt sie sehr persönliche Einblick in ihren Vorstandsalltag bei Siemens und ihr Familienleben.
Kugel war HR-Vorständin bei Siemens und hatte dort die Verantwortung für die knapp 380.000 Mitarbeiter des Konzerns. Im Change-Management kommt es für Kugel vor allem darauf an, die Mitarbeiter:innen zu identifizieren, die offen für Veränderung sind, und sie zu motivieren. Auf diese Weise lassen sich viele Angestellte für Neues gewinnen.